21. September 2018
 

SCENARIOdigital - Schreiben in zwei Systemen. WERKSTATTGESPRÄCH mit Drehbuchautor Wolfgang Kohlhaase

Autor: Jochen Brunow 

Von Jochen Brunow

Das folgende Werstattgespräch erschien 2007 im Band SCENARIO 1 im Bertz + Fischer-Verlag als Publikation der Carl-Meyer Gesellschaft und gefördert vom BKM, hrsg. von Jochen Brunow. Unter dem Label SCENARIOdigital wird der VDD weitere Werkstattgespräche und Essays aus dem Drehbuch-Allmanach Scenario veröffentlichen - mit freundlicher Genehmigung des Bertz + Fischer Verlags.

Lassen Sie uns zu Beginn über den Anfang sprechen, über den magischen Moment, in dem etwas beginnt zu existieren, zu leben. Es gibt noch nichts, wenn der Drehbuchautor seine Arbeit beginnt. In dieser Sphäre des Anfangs sind für uns Autoren zwei Augenblicke wichtig, zum einen ist das der Moment, in dem man weiß – oft ist es auch eher ein Fühlen als ein Wissen –, das ist ein Stoff, das lässt sich filmisch erzählen. Was brauchen Sie, um zu diesem ersten Punkt zu gelangen, um zu spüren, das ist eine Filmgeschichte?

Dieser erste Moment, das ist eine zunächst nur im Umriss vorhandene erzählbare und erzählenswerte Geschichte. Bilder sind da als Räume, als Milieu. Deutlicher sind mir Charaktere oder Rollen, genauer gesagt Figuren, die eine Chance bieten für Schauspieler. Erst in der nächsten Instanz denke ich daran, welche Bildsprache verwendet werden könnte, denn ich weiß, wie spät im Laufe eines Projektes sich so etwas meist entscheidet, nämlich wenn Regisseur und Kameramann dabei sind.

Habe ich Lust, es jemandem zu erzählen, das ist der erste Impuls. Ich erzähle ja oft kleinere Geschichten, daher folgt dann die Frage, reicht der Stoff, um ohne Anstrengung die anderthalb Stunden zu füllen, die ein Film in etwa braucht. Ich muss mir vorstellen können, dass es gespielt werden kann, dass es Szenen gibt. Ich denke gern an Schauspieler, manchmal an konkrete, die ich kenne, manchmal aber auch an welche, von denen ich weiß, die kriege ich nie, die gehören gar nicht in dieses Land.

Frank Daniel hat mich in Gesprächen gerade vor diesem Vorgehen gewarnt, weil er meinte, es könne dazu führen, dass man eine Figur, einen Charakter nicht wirklich voll ausschreibt, nicht in allen Facetten entfaltet beim Schreiben. Man denkt leicht, der Schauspieler wird es schon richten.

An Schauspieler zu denken hilft mir manchmal, den Typus einer Figur zu finden. Was ich schreibe, soll schöne Möglichkeiten für Schauspieler haben. 

Sie haben einmal gesagt, ein Stoff muss für Schauspieler eine »gute Lage« mit sich bringen, eine gute Möglichkeit zum Spielen. Was verstehen Sie unter einer »guten Lage« für einen Schauspieler?

Eine gute Lage meint, dass der Schauspieler einen Menschen von Interesse darstellt, und dafür braucht er ein bestimmtes szenisches Material. Er braucht dafür so etwas wie Dramaturgie, denn an diesem fiktiven Menschen im Kino hat der Zuschauer ja kein allgemeines Interesse, sondern er erwartet Besonderes...

Das Werkstattgespräch in voller Länge finden Sie weiter unten im Anhang.

Wir danken unserem Gründungs- und Ehrenmitglied Jochen Brunow für seinen Einsatz für die Veröffentlichung sowie dem Verlag Bertz + Fischer für die freundliche Unterstützung!

http://www.bertz-fischer.de/